Die Anforderungen an moderne Software

Warum gemischtgeschlechtliche Teams effizienter sind und dem Kunden einen Mehrwert bieten – von Julia Böttcher

Ich gebe zu, als Frau in einem Männerberuf zu arbeiten, der viel mit Elektrotechnik, Programmierung oder Prozesstechnik zu tun hat, ist manchmal ungewöhnlich. Zum Glück werde ich selten gefragt „Wie ist es so, als Frau in einem Männerberuf zu arbeiten?“ Aber es kommt doch hin und wieder mal vor, dass wir einen Betrieb vor Ort besuchen und eine Wartung durchführen und ich dann die einzige Frau im Leitstand bin.

Wenn ich dann neben meinem Mann auf dem Boden knie und irgendwelche Schrauben und Muttern löse oder den Widerstand des Sensors messe, ist das für viele erstmal „ungewöhnlich“, so wie die Frau in der KFZ-Werkstatt oder beim Pannendienst. Und dann werde ich schon manchmal neugierig angeschaut, weil es einfach nicht üblich ist.

Für viele junge Frauen ist „Software“ und „Technik“ immer noch ein männlich dominierter Bereich und sie wollen lieber eine Arbeit „mit Menschen“- im Bildungs,- Gesundheits,- oder im sozialen Bereich.

Aber Software hat auch sehr viel mit Menschen zu tun, denn Software muss von Menschen angewandt und verstanden werden! Und darin sehe ich meinen Job. Bei Kunkel Systems arbeite ich als CCO, bin also in erster Linie für die Bedürfnisse der Kunden zuständig.

Warum Digitalisierung oder Software für etwas männliches gehalten wird, mag daran liegen, weil die eigentliche Programmierung wirklich ein trockenes Gebiet ist und man sehr gute Grundkenntnisse in Mathematik oder auch Statistik haben muss. Nur wer sich darin vertieft und vielleicht tagelang von anderen Menschen und Außenreizen abschirmt, wird wirklich gute Programme schreiben. Die Nerds in meiner Jugendzeit waren auf jeden Fall alles Männer, aber das ist nur eine Notiz am Rande. 🙂 Programmierung ist eine solitäre Kunst- nichts worüber man tagelang Meetings abhält oder mit anderen zusammen locker darüber plaudert. „Zusammen Code schreiben“ ist nicht möglich, es würde Chaos erzeugen. Man kann und muss aber das Ergebnis der Arbeit besprechen und hier benötigt auch der beste Programmierer kommunikative Fähigkeiten. Die Richtung im Programm muss von einem Chefprogrammierer vorgegeben werden und der Code braucht eine klare Struktur und kein einziger Fehler darf enthalten sein. Manchmal sitzt mein Mann an einem einzigen Software-Problem mehrere Tage und ich frage mich dann verdutzt „warum dauert das wieder so lange?“.

Wie auf der Baustelle üblich, muss ein Code „sauber“ programmiert werden. Die Zusammenhänge müssen stimmen, es darf nicht schludrig gearbeitet werden. Software ist im Grunde eine Maschine, die aus digitalen Elementen (null und eins, wahr und falsch) aufgebaut ist. Wenn irgendwo ein Zahnrad nicht richtig verbaut wurde, klappert das ganze, oder startet im schlimmsten Fall gar nicht mehr!

Der Kunde ist König

Genauso wichtig ist heutzutage die Anwendung der Software in der Praxis, also beim Kunden selbst.

Es ist wichtig, dass Software „gut beim Menschen ankommt“. Der Erwartungsdruck hat in dieser Hinsicht zugenommen. Die Software muss von jedem verstanden und akzeptiert werden. Wie oft habe ich schon von Kunden gehört, die z.B. mit gängigen Warenwirtschaftssystemen arbeiten „das ganze ist uns zu kompliziert“ oder es werden die Augenbrauen hoch gezogen, wenn uns mal wieder berichtet wird, welche Fallstricke im Detail lauern und wie kompliziert die Bedienung sein kann.

Ein Beispiel für „misslungene Digitalisierung“ sind viele Rechnungsprogramme der unteren und mittleren Preisregion. Diese sind immer noch viel zu kompliziert und bieten z.B. noch nicht einmal einfaches WYSIWYG – Interface (hier erklärt: https://de.wikipedia.org/wiki/WYSIWYG) . Man sieht nicht, was man tut, sondern muss Blöcke und Datenbankeinträge an verschiedenen Stellen umständlich zusammenklicken. Und wehe, wenn Änderungswünsche auftreten, dann muss man oft stundenlang auf der Webseite oder im Handbuch nachlesen, wie man einen kleinen Fallstrick lösen kann. Änderungen der Steuersätze oder das Ändern von wichtigen Stammdaten dauern dann schon viel zu lange. Rechnungsprogramme müssen heutzutage genauso flexibel sein wie das Unternehmen, das sie benutzt. Man kann und möchte dort keine Zeit verschwenden.

Im schlimmsten Falle ist es für den Anwender einfacher, die Text-Blöcke wieder selbst mit einem Text-Verarbeitungsprogramm zusammen zu stellen und dann ganz auf die „Automatisierung“ zu verzichten. Ein Schritt nach hinten, der in der digitalen Welt eigentlich nicht tragbar ist.

Einfachheit ist Trumpf, auch bei der Software

Für uns als Firma Kunkel war von Anfang an klar, dass Software nicht nur einen Mehrwert bei der Messung von Qualität bieten soll, sondern auch „einfach“ sein muss. Sie darf gerne im Unterbau kompliziert sein und eine ausgeklügelte Technik und den modernsten Stand der Technik bieten. Für den Menschen muss die Software aber „leicht zu erlernen“ sein. Und das wird sie nur, wenn wir uns in die Denkweise der Kunden „hineinversetzen“ und die Bedürfnisse verstehen.

Ein Vorbild sind z.B. berühmte Hersteller von Smartphones, die Kunden überzeugen konnten, weil sie extrem zugänglich sind und man eine Anleitung überhaupt nicht mehr benötigt. Ähnlich erfolgreich arbeiten moderne Suchmaschinen und alle bekannten Service-Anbieter für „Big Data“ – Technologien. Man möchte ja Kunden und somit Daten „gewinnen“, das geht nur, wenn der Zugang so einfach wie möglich wird. Ein verlorener Kunde, der genervt aufgibt, kommt so schnell nicht wieder.

Niemand möchte heute mehr Handbücher lesen oder sich mit einer Materie länger als eine Stunde beschäftigen. Dafür fehlt in modernen Betriebsabläufen einfach die Zeit.

Man lässt sich ja auch keine Waschmaschine nach Hause liefern, um dann eine Woche lange im Handbuch blättern zu müssen oder gar eine Weiterbildung beim Chef zu beantragen. Nein, man möchte die Waschmaschine intuitiv verstehen, die wichtigsten Schalter und Knöpfe sofort finden und dann mit der Arbeit anfangen. Denn die Maschine soll ja Arbeit abnehmen und keine neue erzeugen. Auch wenn das ganze selbstverständlich klingen mag, so wird schnell klar, dass dieses Ziel beim Softwaredesign auch definiert und durch konkrete Schritte umgesetzt werden muss.

Software trifft Praxis

Natürlich wird es immer Freaks geben, die auch das letzte aus der Waschmaschine herauskitzeln möchten und vielleicht mal „unter die Motorhaube“ schauen wollen. Das ist aber eher die Ausnahme. Wenn wir beim Kunden im Labor sind, sind da aber meistens Frauen und manchmal auch nur ungelernte Aushilfskräfte (z.B. in der Erntezeit). Und die haben im Laboralltag meistens „genug zu tun“. Die wollen und können sich nicht auf komplizierte Mess-Systeme einlassen oder sich darüber ärgern, dass nur der Kundendienst kalibrieren kann und man dann wieder zwei Wochen auf den Außendienstmitarbeiter warten muss.

Daher ist es wichtig eine saubere und harmonische Mensch-Maschine Schnittstelle zu schaffen. Das erzeugt ein Erlebnis beim Kunden und hebt am Ende den Wert unserer Marke. Als kleine Firma ist es unerlässlich, dass man hier Pluspunkte sammelt. Man kann nichts laufen oder schleifen lassen. Man muss sich wirklich um jeden einzelnen Kunden und Menschen bemühen.

Wir machen das z.B. mit Schulungen vor Ort und bei der Übergabe des Systems. Telefonisch oder per Email unterstützen wir unsere Anwender bei der Bedienung der Mess-Geräte. Außerdem halten wir lange nach der Auslieferung einer Maschine Kontakt zum Kunden und versuchen zusammen Fallstricke zu entschärfen oder sogar ganze Abläufe und Interfaces anzupassen.

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